Elternschaft jenseits intimer Partnerschaften (Vorstudie)

Ent-Traditionalisierungs- und Individualisierungsprozesse sowie die zunehmenden Möglichkeiten der Reproduktionsmedizin in den letzten Jahrzehnten haben die Pluralisierung von Lebensformen, insbesondere von Familienformen, weiter vorangetrieben und bringen Familienformen hervor, die zum Teil oder gänzlich jenseits einer intimen Beziehung gegründet werden. Beispiele hierfür sind Single-Mothers by choice, Mehrelternfamilien oder Co-Parenting Arrangements mit Freunden oder zunächst fremden Personen. Berichte in den Medien und Onlineplattformen wie familyship.org oder co-eltern.de bezeugen diesen Trend.

Gegenstand der Untersuchung

Die Gründung von Familie jenseits einer intimen Partnerschaft oder auf Freundschaftsbasis steht im Gegensatz zu der Vorstellung von Familie, die sich auf die romantische Liebe als begründendes Element bezieht. Diese neueren Familienformen weichen mehr oder weniger stark von gesellschaftlich dominanten Familienleitbildern wie das der klassischen Kernfamilie ab und können in ihrem Handeln als Familie nur zum Teil auf bekannte Schemata und Skripte zurückgreifen. Der von Cherlin (1978) im Zusammenhang mit Stieffamilien geprägte Begriff der unvollständigen Institutionalisierung lässt sich auch auf diese Familienformen anwenden. Im Vergleich zu heterosexuellen Kernfamilien besteht in diesen Familien eine größere Notwendigkeit, Rollen und Rollenerwartungen zu verhandeln und zu definieren. Daraus entstehen möglicherweise neue Bilder von Familie, Elternschaft und Eltern-Kind-Beziehungen.

Von Forschungsinteresse ist, inwieweit Personen, die ihren Kinderwunsch allein (Single Mothers by choice), im Rahmen eines Co-Parenting Arrangements oder einer Mehrelternschaft umgesetzt haben, ein qualitativ anderes Verständnis und damit auch andere (Leit-)Bilder von Familie, Elternschaft und Eltern-Kind-Beziehungen mit sich bringen als Männer und Frauen, die Kinder innerhalb einer verschiedengeschlechtlichen Paarbeziehung geboren haben.

Methodisches Vorgehen

Im Rahmen der Vorstudie wird ein Internetblog einer Mehrelternfamilie qualitativ-inhaltsanalytisch ausgewertet.  Dieser Blog beschreibt die Gründung einer Mehrelternfamilie, bestehend aus vier Co-Eltern, und deren Verlauf von der Endphase der Schwangerschaft mit dem ersten Kind bis heute.

Eine Auswertung dieses Blogs erscheint vielversprechend, da er einen Einblick in die Aushandlung und die tatsächliche Ausgestaltung der einzelnen Rollen (biologisch vs. soziale Elternrolle; Mütter- vs. Väterrollen) im zeitlichen Verlauf bietet. Darüber hinaus ermöglicht die Dauer des Blogs, die Beschreibung von Veränderungen in den Elternrollen und damit verbundenen Herausforderungen dieser Mehrelternschaft über die Zeit.

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Bild: Colourbox

Teaser Elternschaft
Projektinfo

Eigenprojekt, gefördert durch das Bayerische Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales

Laufzeit: 01/2019 bis 06/2020

Projektleitung: Dipl.-Psych. Pia Bergold