Die Situation der Familienpflege in Bayern

Mit dem Projekt soll eine Erhebung zur Lage der Familienpflege in Bayern durchgeführt werden, eine Bestandsaufnahme ihrer Einrichtungen, Rahmenbedingungen, Beschäftigten- und Nutzerstruktur. Der Schwerpunkt des Projektes liegt auf Hilfen nach §38 SGB V und §§20 und 23 SGB VIII (KJHG) für Familien mit Kindern, in denen mindestens ein Kind unter 12 Jahren (§38 SGB V) bzw. 14 Jahren (KJHG) lebt. Bei der Erhebung auf Anbieterseite sollen vor allem die aktuellen Strukturen hinsichtlich der organisatorischen, finanziellen und personellen Rahmenbedingungen analysiert werden. Hierbei wird die Finanzierung von Familienpflege einen Schwerpunkt bilden. Die Hauptleistungsträger sind die Krankenkassen und - in geringerem Ausmaß - das Jugendamt.

Gegenstand der Untersuchung

Erste Anfänge der Familienpflege gehen in bis die 30er Jahre zurück, z.B. auf den Mütterdienst: Parallel zu Müttererholungen wurden Kinder in der elterlichen Wohnung versorgt. Andere Vorläufer sind Schwesterngemeinschaften und Familienpflegewerke. Im ländlichen Raum entstand der Beruf Dorfhelferin. In den letzten Jahren werden durch die Familienpflege zunehmend auch psychisch und/oder schwerstkranke Mütter oder Väter begleitet, z.T. bis zu deren Tod, während gleichzeitig deren Kindern in der häuslichen Wohnung betreut werden. Trotz gestiegenen Bedarfs und erhöhter Anforderungen ist die Forschungslage im Zusammenhang mit Familienpflege äußerst schmal.

Familienpflege zielt auf die Sicherung des Familienlebens, indem durch praktische Hilfen Not- und Krisensituationen innerhalb der Familie überbrückt werden. Sie setzt dann ein, wenn in besonderen Belastungssituationen die Weiterführung des Haushaltes, die ausreichende Betreuung, Pflege und Erziehung der Kinder oder die Pflege und Versorgung kranker, alter und pflegebedürftiger Familienangehöriger nicht mehr selbst von der Familie geleistet werden kann (Caritas 1997). Familienpflegedienste sind ambulante Dienste, betreuen also die Klienten in deren häuslicher Umgebung. 

Eine detaillierte Analyse soll unter anderem die Zusammenhänge zwischen Angebot und Nachfrage klären, wobei z.B. die Auswirkungen der Finanzierungsprobleme auf die Anbieterstrukturen und die Einsatzbedingungen von Familienpflegerinnen untersucht werden sollen. Einen weiteren Untersuchungsgegenstand bilden bereits vorhandene Ansätze und weiterführende bzw. neue Möglichkeiten zur Etablierung eines Qualitätssicherungskonzeptes in der Familienpflege. In diesem Zusammenhang können z.B. auch Kriterien entwickelt werden, die die Entscheidung zwischen einer Fachkraft oder einer Helferin in der Einsatzplanung begründen. Schließlich ist die Einbettung der Familienpflege in das Gesamtspektrum der ambulanten Pflege mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen ein wichtiges Thema des Projektes.

Einen weiteren Aspekt der Untersuchung wird die Überprüfung der Förderrichtlinien des "Bayerischen Netzwerk Pflege" im Hinblick auf beabsichtigte und eingetretene Veränderungen darstellen. Durch das "Bayerische Netzwerk Pflege" soll die Weiterführung von Familienpflegestationen gefördert werden. Die in den Richtlinien geforderte Vernetzung von Familienpflegediensten untereinander und die Kooperation mit anderen ambulanten Diensten soll zu einer schnellen Hilfe in Akutfällen und flächendeckender Versorgung beitragen.

In einem wichtigen Untersuchungsschritt werden die Erfahrungen und Einschätzungen der Familienpflegerinnen selbst erhoben. Ihre konkreten Arbeitsbedingungen, Anforderungen und Arbeitsschwerpunkte in den Familien, Belastungs- und Unterstützungsfaktoren und Veränderungswünsche sollen ausgewertet, Folgerungen für das Berufsbild der Familienpflegerin, die Ausbildung und Professionalisierung ermöglicht werden.

Auf Nutzerseite sollen die tatsächlichen Belastungssituationen und Probleme, familieneigene Ressourcen (Generationenbeziehungen, soziale Netzwerke, die zur Unterstützung aktiviert werden) und Erwartungen der Familien an Familienpflege erhoben werden. Wichtig ist auch der Informationsstand der Familien über das Angebot "Familienpflege". Mit diesen Ergebnissen soll abschließend die Frage beantwortet werden, wie Familienpflege zukünftig beschaffen sein muß, um Schwierigkeiten von Familien aufzufangen bzw. zu überbrücken.

Praxisbezug

Dem Projekt ist beratend ein Beirat zugeordnet, bestehend aus Vertretern von Verbänden der freien Wohlfahrtspflege, die hauptsächlich Familienpflege in Bayern anbieten, und zwei Vertreterinnen des Berufsstandes. nach oben

Projektinfo

Verbundprojekt des Staatsinstitut für Familienforschung und des Forschungsschwerpunktes Familienforschung an der Universität Bamberg im Auftrag des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit.

Laufzeit: November 1997 bis Dezember 2000

Projektleitung: Prof. Dr. Gudrun Cyprian

Projektbearbeitung: Dr. Ursula Dallinger

Veröffentlichungen

Gudrun Cyprian/Marina Rupp (unter MItarbeit von Veronika Hammer): Familienpflege - Familiale Notsituation und ihre Bewältigung. Bamberg: Staatsinstitut für Familienforschung, ifb-Materialien Nr. 3-2000.

Ursula Dallinger: Familienpflege in Bayern. Die Situation der Familienpflegerinnen. Bamberg: Staatsinstitut für Familienforschung, ifb-Materialien Nr. 7-2000.

Ursula Dallinger: Wenn Familien Hilfe brauchen. Tagungsdokumentation zur Situation der Familienpflege. Bamberg: Staatsinstitut für Familienforschung, ifb-Materialien Nr. 9-2000.

Ursula Dallinger: Familienpflege (Endbericht). Bamberg: Staatsinstitut für Familienforschung, ifb-Materialien Nr. 5-2001.