Familiale Arbeitsteilung in der Europäischen Union

Noch immer werden Frauen durch die ungerechte Verteilung der unbezahlten Arbeit benachteiligt. Der Beitrag von Männern zur Hausarbeit und Kinderbetreuung ist deutlich geringer als derjenige der Frauen. Vor dem Hintergrund dieser gesellschaftspolitisch relevanten Problematik verfolgt das Forschungsvorhaben drei wesentliche Zielsetzungen.

Gegenstand der Unitersuchung

Auf der Basis eines repräsentativen Datensatzes werden einschlägige Theorien familialer Arbeitsteilung getestet. Insbesondere wird die Aufteilung unbezahlter Arbeit in der Partner vom Bedarf im Haushalt, von der verfügbaren Zeit der Haushaltsmitglieder, der Verteilung des Humankapitals, den Ressourcen der Partner und den Geschlechtsrollenvorstellungen untersucht.

Das vorhandene Theorienarsenal wird um eine Reihe bislang wenig oder nicht geprüfter Bereiche erweitert: Geschlechtsidentität und die Interaktion von Geschlechtsrollenvorstellungen der Partner, die Entwicklung im Lebensverlauf, die Regulation durch wohlfahrtsstaatliche Leistungen und den Zusammenhang mit der Partnerschaftsqualität.

Methodik

In Zusammenarbeit mit dem European Network on Policies and the Division of Unpaid and Paid Work wurden einheitliche Umfragen in europäischen Ländern durchgeführt. Die Wirkungsweise der untersuchten Bedingungsfaktoren und die Bedeutung des Wohlfahrtsstaats wird vergleichend analysiert. Daher werden nicht nur Lebensform, Erwerbskonstellation oder Region (Ost-West) eingehender beschrieben, sondern auch die unterschiedlichen Annahmen über Zusammenhänge und Einflussgrößen geprüft, wie z.B. ökonomische Kalküle und geschlechtsspezifische Effekte.

Zum anderen wurde auch der Zeitaufwand für Kinder und die Kinderbetreuung analysiert. Auch hier konnten empirische Befunde - wie die zu den "neuen Vätern" - in eine größere theoretische Systematik integriert werden.

Ergebnisse

Die Verteilung von Hausarbeit und Kinderbetreuung folgt deutlich traditionellen Mustern, wobei die durch Erwerbsarbeit gebundene Zeit ein zentraler Einflussfaktor ist. In Ostdeutschland hat sich seit der Vereinigung eine Re-Traditionalisierung der Verteilung der Hausarbeit ergeben; ostdeutsche Männer engagieren sich hier weniger als die westdeutschen.

Kinderbetreuung ist für Mütter meist eine Pflichtaufgabe mit hohem Anforderungsdruck, während sie für Väter ein wählbarer Einsatz ist. Der schon im historischen Vergleich kaum zu entdeckende "neue Vater" spielt auch in der Gegenwart keine wesentliche Rolle.

Wohlfahrtsstaatliche Rahmenbedingungen regulieren nicht nur die Geschlechterarbeitsteilung von bezahlter Arbeit, sondern auch die von unbezahlter. Innerhalb ähnlicher Muster wohlfahrtsstaatlicher Politik können sich dennoch unterschiedliche Kombinationen der Erwerbs- und Haushaltspartizipation ergeben.

Resümee

Politikbezogene Schlussfolgerungen wurden vor allem auf europäischer Ebene eingebracht und diskutiert.

Da - aus rein familenpolitischer Perspektive - der Erwerbsumfang die Ausübung unbezahlter Arbeit begrenzt, würde eine Angleichung der Erwerbszeiten von Männern und Frauen durch eine 30 Stundenwoche für beide zu einer gleichgewichtigeren Verteilung der häuslichen Pflichten führen. Der Umbau des Wohlfahrtsstaats sollte konsequent auf das Ziel ausgerichtet werden, die Beteiligung von Männern in Haushalt und Familie zu fördern und die Hindernisse von Frauen und insbesondere Müttern bei der Erwerbsbeteiligung zu beseitigen. Die Entlastung von Familien durch ausreichende und verlässliche, zeitlich flexible Kinderbetreuung sollte Mütter und Väter in der Ausübung ihres elterlichen Engagements unterstützen.nach oben

Projektinfo

Verbundprojekt mit dem Lehrstuhl Soziologie II der Universität Würzburg, gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft.

Laufzeit: 4/2000 bis 3/2003

Projektleitung: Prof. Dr. Wolfgang Lipp, PD Dr. Jan Künzler, Prof. Dr. Wolfgang Walter

Projektbearbeitung: Gerd Pfister, M.A., Dipl.-Päd. Elisabeth Reichart

Ausgewählte Veröffentlichungen

Künzler, Jan/Walter, Wolfgang (2001): Arbeitsteilung in Partnerschaften. Theoretische Ansätze und empirische Befunde. In: Huinink, Johannes et al. (Hg.): Solidarität in Partnerschaft und Familie - Zum Stand familiensoziologischer Theoriebildung. Würzburg: Ergon.

Künzler, Jan/Walter, Wolfgang/Reichart, Elisabeth/Pfister, Gerd (2001): Gender Division of Labour in Unified Germany. WORC Report 01.04.07. Tilburg: Tilburg University Press.

Walter, Wolfgang (2001): Main Findings of Germany and the Netherlands. In: Willemsen, Tineke et al. (Hg.): New Patterns of Work and Family in Europe. Brussels: CBGS.

Walter, Wolfgang (2001, i. E.): Changing Fatherhood: Between Illusion and Reality. In: Frinking, Gerard/Willemsen, Tineke (Hg.): Living Apart Together. Understanding the Future of the Family. Amsterdam: Rozenberg.

Walter, Wolfgang/Künzler, Jan (2001): Parentales Engagement. Mütter und Väter im Vergleich. In: Matthias-Bleck, Heike/Schneider, Norbert (Hg.): Elternschaft heute. Sonderheft der Zeitschrift für Familienforschung. Opladen: Leske + Budrich.

Walter, Wolfgang/Künzler, Jan/Reichart, Elisabeth/Pfister, Gerd (2001): Stalled Modernisation in the West - Back to Tradition in the East. The Gender Division of Labour in Germany after Unification. In: Demotrends. Heft 1. S. 9.