Männer in der Familie
Die Rolle des Mannes in der Familie hat sich in den letzten Jahrzehnten grundlegend gewandelt. Die Veränderungen traditioneller Rollenverteilungen in Haushalt und Familie fordern heute nicht nur den Vater als "Ernährer", sondern auch ein höheres Engagement von ihm in der Familienarbeit. Die Diskussion um die Geschlechterrollen drehte sich lange Zeit, im Zuge der Vereinbarkeitsproblematik von Familie und Beruf, hauptsächlich um die Rolle der Frau, jedoch rücken in jüngster Zeit zurecht auch die Männer und Väter immer mehr in den Blickpunkt der Familienforschung.
Gegenstand der Untersuchung
Es hat ein Jahrzehnt gedauert, bis nach dem grundlegenden Werk über Väter von Fthenakis wieder Publikationen erschienen, die das Thema Väterforschung in den Mittelpunkt stellen. Gleichzeitig mehren sich auch im englischsprachigen Bereich Forschungsarbeiten, die versuchen, neben einer Zusammenfassung der empirischen Befunde neue theoretische Modelle zu diesem Thema zu entwickeln oder das Vaterschaftskonzept in einen sozialen und historischen Kontext zu stellen. Allerdings gilt immer noch, was Nave-Herz bereits 1985 konstatiert hat: Das Thema der "neuen Väter" hat zwar Konjunktur, der hohen Zahl an pseudo-wissenschaftlichen Abhandlungen steht jedoch nur eine geringe Zahl an wissenschaftlichen Untersuchungen im deutschsprachigen Raum gegenüber. Das ifb hat in der Vergangenheit zwei empirische Studien durchgeführt, welche die Rollensituation der Väter heute näher beleuchten. Zum einen konnte anhand der Zeitverwendung junger Väter (Rosenkranz/Rost/Vaskovics 1998) aufgezeigt werden, dass Väter "besser als ihr Ruf" sind, da die Mehrheit von ihnen – soweit es ihre Ressourcen zulassen – sich im Rahmen der Kinderbetreuung sehr wohl in die Familienarbeit einbringt.
In einer zweiten Studie zum Thema Väter und Erziehungsurlaub (Vaskovics & Rost 1999) konnte im Gegenzug aufgezeigt werden, welche Restriktionen einem stärkeren Engagement der Väter in der Familienarbeit entgegenstehen.Auf der Basis dieses Erkenntnisstandes wurde diese Pilotstudie konzipiert: Da insbesondere die Einkommensunterschiede zwischen den Geschlechtern zur Beibehaltung der traditionellen Rollenstruktur beitragen und somit einer stärkeren Beteiligung der Männer an der Familienarbeit entgegenstehen, erschien es lohnenswert Paare zu analysieren, bei denen das Einkommen der Frau gleich hoch oder höher ist als das des Mannes. Mit solchen Paaren bzw. Familien wurden qualitative Interviews durchgeführt, deren zentrale Fragestellungen waren: Welche Konsequenzen hat die Tatsache, dass die Frau der Hauptverdiener ist, für die partnerschaftliche Rollenstruktur und wie ist der Übergang zur Elternschaft davon betroffen (insbesondere im Hinblick auf die Aufgabenteilung zwischen den Geschlechtern)? Gehen auch diese Paare den herkömmlichen Weg, so dass sich überwiegend die Frau um die Familienarbeit kümmert oder wird eine egalitäre Rollenaufteilung praktiziert? Wie werden finanzielle Einbußen in Kauf genommen oder kompensiert? Werden hier spezielle Bewältigungsstrategien und partnerschaftliche Vereinbarkeitsarrangements zwischen Familie und Beruf entwickelt, die unter Umständen auch modellhaften Charakter haben können?
Methodik
Entsprechend der Zielsetzung des Projekts wurde im Anschluss an Literaturanalysen eine qualitative Studie durchgeführt, in deren Rahmen 50 narrative Interviews mit Paaren bzw. Familien durchgeführt wurden, bei denen das Einkommen der Frau vor der Geburt des letzten Kindes höher oder gleich hoch war als das des Mannes und die somit in besonderer Weise von der Problematik der Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit betroffen waren. Um die Entscheidungsfindung und die individuellen Bewältigungsmuster zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf in den Familien valide abbilden zu können und die Sichtweise beider Geschlechter zu erfassen, fiel die Entscheidung zugunsten einer Paarbefragung. Somit konnten 25 Paare in die Pilotstudie einbezogen werden.
Praxisbezug
Im Zuge sich wandelnder Geschlechterrollen, hoher Arbeitslosigkeit und hoher Erfordernissen hinsichtlich beruflicher Flexibilität und Mobilität verlangt die Problematik der Vereinbarkeit von Beruf und Familie innerfamilial nach neuen Lösungen. Die Forschungsbefunde zeigen einhellig, dass sich die Beteiligung des Vaters an der Familienarbeit sehr positiv auf das Familienklima auswirkt. Gerade in Bezug auf die Prävention familialer Konflikte und Partnerschaftsprobleme erscheint es daher wichtig und lohnenswert, funktionierende Modelle partnerschaftlicher Aufteilung und Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Familienarbeit zu analysieren und ihre Bedeutung für die Familienstabilität zu prüfen. Die Ergebnisse können auf der Praxisebene wichtige Hintergrundinformation für die Familienbildung und Familienberatung sowie für Familienpolitik zu einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf liefern. nach oben